Sonja Huber

Gestaltungspädagogin iac


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Sonja Huber fehlte für die Arbeit in einem Beschäftigungsatelier das Fachwissen im gestalterischen Bereich. Dank dem iac hat sie sich einen Rucksack voller Wissen und Erfahrungen gefüllt. Im nachfolgen­den Interview beschreibt Sonja Huber eindrücklich ihre persönliche Entwick­lung und den Mut, über den eigenen Schatten zu springen und aussergewöhnliche Ideen zu realisieren.


___Vor der Ausbildung am iac



Was hast du vor dem iac gemacht?
Nach einem einjährigen Praktikum in der Stiftung Scalottas entschied ich mich für die Ausbildung zur Sozialagogin, die ich in der Agogis in Zürich machte. Während der dreijährigen Ausbildung arbeitete ich in einem Altersheim, in der Stiftung Scalottas und in einer Kinderkrippe. Nach der Ausbildung war für mich klar, dass ich im Scalottas weiterarbeiten möchte. Als ich von der Heimleitung angefragt wurde, ob ich das Beschäftigungsatelier übernehmen möchte, packte ich diese Chance.
Ich besuchte verschiedene Kurse und eignete mir unterschiedliche Fachmethoden an, merkte aber bald, dass mir das Fachwissen im gestalterischen Bereich fehlte, um im Atelier zu arbeiten. Ich strebte nach einer Ausbildung, nach Sicherheit und Wissensaufbau, um meine Unsicherheit zu überwinden.


«Ich bin eine Praktikerin
und ewig lang die
Schulbank zu drücken,
war ich nicht bereit.
Das Praktische und
Lebendige dieser Aus
bildung haben mich
sehr angesprochen.»



Wie bist du auf die Gestaltungspädagogik am iac gestossen?
Ich habe im Internet eine breite Palette angeschaut, auch Sozialpädagogin oder Arbeitsagogin. Aber nichts packte mich wirklich - bis ich aufs iac gestossen bin.

Was hat dich beim iac angesprochen?
Angesprochen haben mich vor allem die ersten beiden Jahre mit der Vielfalt an Materialien und Werkstoffen. Dies war genau dies, wonach ich suchte. Ich bin eine Praktikerin und ewig lang die Schulbank zu drücken, war ich nicht bereit. Das Praktische und Lebendige dieser Ausbildung haben mich sehr angesprochen. Ein weiterer Vor­teil war, dass die Ausbildung berufsbegleitend war und ich 100% weiterarbeiten konnte. Zudem unterstützte mich mein Arbeitgeber mit einer gewissen Anzahl freier Tage.

Was waren deine Ziele?
Zuerst wollte ich ein Produkt für die Stiftung Scalottas entwickeln können. Später wurden aber die Vermittlung und die Unterrichtsmethoden wichtiger. Was eigentlich sehr atypisch ist für mich.


___ Während der Ausbildung

Wie waren die ersten beiden Jahre für dich?
Auf diese beiden Jahre freute ich mich am meisten. Mir hat alles sehr viel Spass bereitet. Vor allem freute ich mich auf die Materialien, mit denen ich wenig Erfahrung hatte: Kunststoff, Metall und natürlich Stein. Aber auch bei Werkstoffen, die mir bekannt waren, profitierte ich enorm viel. So hatte ich z.B. bis dahin noch nie einen Kochlöffel aus Holz geschnitzt. Am prägendsten war die Reise nach Otranto im Farbmodul. Ein wunderschöner Fleck Erde, den wir mit grossem Wissen wieder verliessen. Auch die Intensivwoche zum Thema Stein in einem Kloster oberhalb von Neuchâtel ist mir in bester Erinnerung.

Wie war das dritte Jahr?
Vor dem dritten Jahr hatte ich besonders Bammel. Vor allem vor den WERKtagen und dem SVEB-Lehrgang. Ich war zu Beginn der Ausbildung eher scheu, introvertiert und eben ein «Mädchen aus den Alpen». Etwas vorzutragen, mich zu präsentieren - das lag mir gar nicht und ich mied solche Situationen auch bis dahin. Ich war zum Glück etwas blauäugig, sonst hätte ich mich auf all die neuen Situationen nicht so rasch und so ganz gegen mein Naturell einlassen können.

Konntest du auch vom Lehrgang SVEB profitieren und würdest du diesen Lehrgang weiterempfehlen?
Den Lehrgang SVEB würde ich auf jeden Fall weiterempfehlen. Für mich waren diese Thematiken eine grosse Chance, mehr Sicherheit in den Themen Vermittlung, Didaktik und Methodik zu erlangen. Es war zusätzlich zur Ausbildung Gestaltungspädagogin sehr intensiv, jedoch habe ich auch für die WERKtage sehr vom SVEB profitiert. Welche Punkte haben dich besonders ­herausgefordert? Das waren sicher die WERKtage. Dort ­musste ich vor wildfremde Leute hinstehen und ihnen etwas vermitteln. Das war schlimm für mich. Da hatte ich Angst, dass ich das alles nicht schaffe. Didaktik und Methodik waren absolutes Neuland für mich. Vom Modul Vermittlung habe ich persönlich am meisten profitiert. Ich habe das Fachwissen vermittelt bekommen, um sicher und zielorientiert vor den Leuten zu stehen – und heute ist es genau das, was ich beruflich mache. Im Nachhinein ist das 3. Jahr das Jahr, welches mich am meisten prägte.

Wie erging es dir im vierten Jahr?
Das Diplomprojekt war für mich ein spannender Prozess. Ich war anfangs sehr unschlüssig, was ich machen wollte. Über diese drei Jahre hatte ich so viele Ideen und Inspirationen gesammelt, da brauchte es etwas Zeit, um das alles zu erfassen.

Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Da mein Entschluss, mich mit Holz- und Filzverleimungen zu befassen, seine Zeit brauchte, startete ich eher spät mit meinem Projekt. Dann aber investierte ich jede freie Minute und es bereitete mir grosse Freude. Die Zusammenarbeit mit Schreinern aus der Region war für mich sehr wertvoll. Auch diese für ein Projekt zu begeistern, welches vom alltäglichen Handwerk abweicht, war eine Herausforderung. Ein Schreiner denkt doch eher praktisch und zweckmässig. Doch ich konnte die Handwerker für mein Projekt gewinnen und die Unterstützung und Grosszügigkeit waren enorm. Zu einem späteren Zeitpunkt durfte ich mein Projekt an einem WerkerDANKfest im Dorf präsentieren und stiess auf grosses Interesse damit. Eine sehr schöne Erfahrung.

Welche Erfahrungen aus dem Diplomjahr konntest du für den weiteren Werdegang mitnehmen?
Ich lernte mich zu arrangieren, Leute anzusprechen und meine Ideen und Vorstellungen kundzutun. Ich war zuvor etwas eine Eigenbrötlerin und musste lernen, dass die Unterstützung enorm gross werden kann, wenn man mit Mitmenschen über sein Projekt spricht. So schafft man das Undenkbare in der Gemeinschaft – sogar in einem kleinen Dorf wie Scharans!



«Beim Vorstellungs­-
verfahren wurde zu-
dem das breite Wissen
über Werkstoffe positiv ­
gewertet.»



Was hat dich persönlich weitergebracht?
Im vierten Jahr bin ich selbstsicherer geworden, stehe vor die Menschen hin und realisiere meine Ideen. So habe ich meinen Traum vom Eigenheim dank dem iac angepackt und verwirklicht: Ich wollte einen Raum schaffen, in dem ich mich entfalten konnte.

Wie hast du den Prozess zur Diplom- ausstellung erlebt?
Ich habe diesen Prozess als sehr positiv erlebt. Ich war in der Ausstellungskonzept- Gruppe, da habe ich sehr viel gelernt. Mit dem eigenen Projekt und dem 100 %-Job fehlte mir manchmal etwas eine Pause. Aber es war eine sehr gute Erfahrung. Man lernt, sich auf andere Ideen einzulassen. Das war auch eine Herausforderung und brachte mir bei, mich auf Kompromisse einzulassen.



___ Nach der Ausbildung am iac

Wie sah dein beruflicher Weg nach dem iac aus?
Seit der Ausbildung leite ich weiterhin ein Beschäftigungsatelier für Menschen mit einer Behinderung. Des Weiteren kam das Angebot dazu, Lernende des Berufs Fachfrau/Fachmann Betreuung zum Thema kreative Methoden in der agogischen Arbeit im Behindertenbereich zu unterrichten. Das war eine Gelegenheit, die ich einfach packen musste! Vor zwei Jahren kamen die Lernenden im Kinderbereich dazu. Mittlerweile unterrichte ich vier Berufsschulklassen im Berufsfeld Gesundheit und Soziales.

Was hat die Ausbildung für Auswirkungen auf deinen Beruf?
Bei der Anstellung als Dozentin der Berufs- schule hat mir sicher der SVEB geholfen. Ich empfehle darum jedem, dieses SVEB- Zertifikat unbedingt zu absolvieren. Beim Vorstellungsverfahren wurde zudem das breite Wissen über Werkstoffe positiv gewertet.

Wann und wo nützen dir die erarbeiteten Kompetenzen und persönlichen Erfahrungen aus dem iac?
Die Identifikation mit mir ist sehr hoch, was mich immer wieder verwundert. Ich werde häufig angefragt, wann ich ein Kursprogramm mache. Zurzeit lässt es mir die Zeit noch nicht zu. Wenn ich jedoch gezielt etwas in Angriff nehme, so kann ich rasch auf meine Unterlagen zurückgreifen und etwas auf die Beine stellen. Ich habe aus dem iac einen grossen Fundus an Ideen, auf welche ich zurückgreifen kann.



«Das Angebot, Lernende
zum Thema kreative
Methoden in der
agogischen Arbeit
zu unterrichten, war
eine Gelegenheit, die ich
einfach packen musste!»



Als Werklehrerin zu arbeiten oder Kurse auszuschreiben, wäre das eine Idee?
Ich dachte schon oft daran, als Werklehrerin zu arbeiten. Dann würde ich mein Pensums reduzieren und Teilzeit in einer Schule arbeiten. Hier in der Umgebung wird der Werkunterricht durch die Klassenleitung gestaltet. Ein Kursangebot ist mir im Moment noch zu unsicher, da das regionale Angebot zu gross ist.

Hast du sonst noch ein Anliegen?
Ich fände es schön, nochmal ein Treffen mit der Klasse aus dem iac zu arrangieren und so eine Plattform zu haben, um sich auszutauschen. Ich vermisse die Zeit mit den Mitschülern und den Austausch. Mich interessiert es, wo die anderen stehen.



___ Schaufenster

Der Sprung über den eigenen Schatten

«Nach der Ausbildung startete ich mein zweites Grossprojekt: ­ Die Verwandlung des Stalls meiner Eltern in mein Eigenheim. Dank der Offenheit des Bauplaners konnte ich all meine baulich-gestalterischen Wünsche und Vorstellungen miteinbringen. Dabei war es mir wichtig, dass das Haus trotz der Umnutzung als Stall erkennbar bleibt. Einen Teil der Diplomarbeit habe ich in der Küche umgesetzt. Balken, die der neuen Raumnutzung weichen mussten, wurden im Innenausbau wiederverwertet. So entstanden u.a. mein Bett und das massive Badezimmermöbel. Dieses Haus hat viel Platz und Entwicklungspotenzial, ist zentral gelegen und bietet sich für Kurse im kreativen Bereich an. So kann ich auch die gestalterischen Module für die Berufsschule in meinen eigenen Räumen durchführen. Mein Wunsch ist, dass sich mein Haus zu einem Kurszentrum weiterentwickelt. So habe ich meinen Traum vom Eigenheim dank dem iac angepackt und verwirklicht. Ich frage mich oft, ob ich den Mut gehabt hätte, mich diesem riesigen Projekt anzunehmen? Nein, ich denke nicht. Ohne all die positiven Erfahrungen während der Ausbildung hätte ich schlichtweg den Mut nicht gehabt. Nun bin ich stolz auf das alles, was ich realisiert habe und werde mich frohen Mutes immer wieder neuen Herausforderungen stellen und diese annehmen.»


Sonja Huber ist leider 2021 verstorben.
Es ist mit Sonjas Angehörigen besprochen und vereinbart, dass ihr Portrait weiterhin zur Verfügung stehen soll. Es ist in Sonjas Sinn.